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Geburt von Tabitha

Das Abenteuer der Geburt

Abschied nehmen und Loslassen

Anspannung und Entspannung wiederkehrend; überwältigend und doch in Ruhe; eindrucksvoll und wunderschön; schmerzhaft, aber sinnerfüllend; ehrfurchtgebietend und trotzdem intim;

Kräfte zehrend und Kräfte freisetzend; ausgeliefert und doch beschützt im eigenen Nest; voller Erschöpfung und voller Hoffnung; belastend und befreiend zugleich

Eine Annäherung 10 Monate danach:

Es ist Donnerstag der 02. Juni (ET+12) früh morgens. Ich spüre eine schmerzhafte Wehe und wandere zur Toilette. Was ich dort vorfinde, löst Freude in mir aus: Blut, endlich, es geht los. Die Zeichnungsblutung – jetzt kann es nicht mehr lange dauern. Ich bin mir sicher: Heute werde ich Mama. Meine Freude ist so groß, dass ich meinen Mann wecke und ihm davon berichte. Danach lege ich mich nochmal hin, um Kräfte zu sammeln.

Im Laufe des Vormittags habe ich immer wieder Wehen, diese schmerzen. Ich rufe meine Eltern an und sage Ihnen, dass es wohl demnächst losgeht. Nach dem längeren Telefonat hat mein Körper die Freigabe: Es kann losgehen. Und es geht los. Die Wehen kommen immer öfter und sind sehr schmerzhaft. Sie überrollen mich manchmal fast. Ich bitte meinen Mann, Sabine anzurufen. Diese trifft mit der Hebammenschülerin wenig später bei uns ein.

Zu diesem Zeitpunkt hänge ich weinend und wehend an meinem Mann. Ich äußere gegenüber Sabine, dass ich nicht weiß, ob ich das schaffe. Sabine strahlt Ruhe aus und hat Verständnis. Sie sagt mir, dass ich nicht an meinen gemachten Plänen festhalten muss und es auch andere Wege gäbe. Ich will aber erstmal bleiben wo ich bin. Im Krankenhaus wären die Schmerzen auch nicht weniger, und Medikamente will ich keine. Während der Geburtspool aufgebaut wird, verkabelt mich Sabine mit einem Gerät, das durch Elektrostimulation die Schmerzen lindern soll. Mir soll´s Recht sein – ob es was nutzt, weiß ich nicht. Bald darauf steige ich in den Geburtspool. Das warme Wasser hilft mir bei der Schmerzbewältigung. Ich finde meinen Rhythmus, gehe mit meinem Körper, lasse ihn machen und unterstütze, wo es möglich ist. Ich nicke zwischen den Wehen immer wieder ein und sammle neue Kraft.

Irgendwann untersucht Sabine mich und findet einen zu zwei Dritteln offenen Muttermund, das motiviert mich weiter.

Die Reise

Et voilà, das Abenteuer kann beginnen: Du machst Dich nun auf den Weg zu uns - sagst Deiner bisherigen Heimat Ade - wo es mittlerweile eng geworden, aber immer schön warm ist, wo Du alles wie in Watte gepackt mitbekommst und doch gut geschützt und verborgen bist.

Jetzt sammelst Du alle Kräfte und wirst Dich Stück für Stück herausarbeiten.

Gegen Abend geht es in die Übergangsphase und Sabine bittet mich aus dem Wasser herauszukommen. Ich ziehe aufs Sofa um. Wenig später beginnen die Presswehen. Kraftvoll und voller Druck nach unten – ich kann nicht anders als zu schreien. Ich denke kurz an die Nachbarskinder und hoffe, dass sie nichts mitbekommen. Doch viel Zeit bleibt nicht, die nächste Wehe kommt schon. Der Druck der sich im Laufe der Wehe aufbaut und das Kind aus mir herausschiebt, ist überwältigend und schmerzhaft. Nach einer Weile sichtet Sabine das Köpfchen. Jetzt kann es nicht mehr lange gehen! Und ob, das Kind lässt auf sich warten. Immer wieder schiebt sich das Köpfchen heraus, zieht sich dann aber wieder zurück. Über Stunden reden mir mein Mann, Sabine und die Hebammenschülerin gut zu – bis ich ihnen irgendwann nicht mehr glaube, dass das Kind noch kommt. In meinem Kopf rotiert es: Warum hattest Du die Schnapsidee einer Hausgeburt? Das nächste Kind wird ein geplanter Kaiserschnitt, nehme ich mir fest vor.

Ich bin sehr erschöpft. Auch in den Wehenpausen schöpfe ich nicht mehr so viel neue Kraft wie erhofft. Irgendwann bittet Sabine mich die Position zu wechseln. Ich ignoriere sie und bleibe auf dem Sofa liegen. Auf irgendwelche Turnübungen habe ich keine Lust mehr und Kraft habe ich auch keine mehr. Es vergehen weitere Wehen bis mich Sabine wieder auffordert eine neue Position einzunehmen – ich soll in die Hocke. Ich folge widerwillig und lasse eine oder ein paar wenige Wehen in der Hocke über mich ergehen. Der Druck nach unten ist nun noch stärker und es schmerzt enorm. Kraft mich dauerhaft in dieser Position zu halten, habe ich nicht. Das sage ich Sabine. Sie fragt mich was ich anstelle vorschlagen würde. Ich will in den Vierfüßlerstand – doch hier merke ich sofort, dass zu wenig Druck nach unten da ist. Deshalb schlägt Sabine den Geburtshocker vor. Das Teil was mir schon im Geburtsvorbereitungskurs suspekt war. Aber was soll´s – besser als in der Hocke ist es allemal. Und siehe da: Um 2.00 Uhr purzelt unsere kleine Tochter auf dem Geburtshocker in einem Rutsch aus mir heraus! Was für ein Gefühl. Ich bin unglaublich erleichtert. Endlich ist es geschafft! Unsere Tochter ist bei uns.

Von Herzen Willkommen kleine Tabitha!

Beim Schreiben dieses Geburtsberichts, werden die Erinnerungen und Gefühle wieder wach. Ich habe den Eindruck, die Geburt noch einmal zu durchleben. Es ist verrückt, zu was unser Gehirn allein mit der Vorstellungskraft fähig ist, aber auch welch tiefe und ergreifende Erfahrung eine Geburt ist.

Ich bin sehr dankbar für meine Geburtserfahrung und, dass durch Sabine eine Geburt zu Hause in meinem eigenen kleinen sicheren Hafen möglich wurde. Danke!


Empfangen und Willkommen heißen

Unbegreiflich! Ein Wunder! Ein Geheimnis!

Gerade noch in mir, schiebst Du Dich Millimeter für Millimeter heraus Und jetzt: Ein Kind in meinen Armen Ein kleines Menschlein wird offenbar - wird hineingeboren in diese Welt

Dankbarkeit erfüllt mein Herz Ich darf Zeuge dieses Wunders sein

Ich schaue mir meine Tochter an. Sie ist schön.

Der diese Welt geschaffen hat, hat auch Dich geschaffen. Er hat Dich uns anvertraut. Du bist eine Gabe des Herrn.

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